Nanotechnologie aus Norddeutschland

Wie funktioniert Impfstoffentwicklung?

Als einer der strategischen Partner von BioNTech SE unterstützt das norddeutsche Unternehmen Allergopharma in der Formulierung des Covid-19-Impfstoffs. Doch wie genau und was hat das mit dem eigentlichen Geschäftsbereich Allergieimmuntherapien zu tun?

Das Produktionsgelände von Allergopharma im schleswig-holsteinischen Reinbek: Die Fettmoleküle des Unternehmens sorgen dafür, dass mRNA-Impfstoffe sicher in unserem Körper ankommen (Foto: Philip Homann).

Lebendimpfstoffe enthalten geringe Mengen von Erregern, die sich zwar noch vermehren können, die jedoch so abgeschwächt wurden, dass sie die Erkrankung nicht mehr auslösen. In seltenen Fällen kann es zu einer leichten Impfkrankheit kommen. Beispiele für Lebendimpfstoffe sind Impfstoffe gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken.

Totimpfstoffe oder inaktivierte Impfstoffe enthalten abgetötete Krankheitserreger, die sich nicht mehr vermehren können, oder nur Bestandteile des Erregers. Der Körper erkennt die Erreger als fremd und bildet Antikörper. Beispiele sind Impfstoffe gegen Tetanus, Keuchhusten, Hepatitis und Influenza. Der aktuell neueste zugelassene verfügbare Corona-Impfstoff von Novavax ist ein rekombinanter Proteinimpfstoff, der auf dem Wirkprinzip der Totimpfstoffe basiert: Es werden virusähnliche Partikel des Corona- Spike-Proteins in den Körper eingeschleust, der daraufhin gezielt Abwehrstoffe bildet.

Vektorimpfstoffe bestehen aus harmlosen Viren, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie in ihrem Erbgut die DNA für einige Bestandteile des Virus enthalten. Diese harmlosen Vektoren können sich im Körper nicht vermehren und daher keine Krankheit verursachen. Bei Covid-19-Vektorimpfstoffen liegt der Bauplan für das Covid-Spike-Protein vor, welches gut für das menschliche Immunsystem erkennbar ist. Sobald die Vektoren im Zellkern angekommen sind, wird die DNA in mRNA übersetzt und der Körper produziert nicht infektiöse Spike-Proteine, auf die das Immunsystem mit Abwehrstoffen reagiert. 

Auch bei mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19 wird der Körper befähigt, Spike-Proteine herzustellen. Bei dieser Impfstoffart gelangt dazu allerdings keine DNA in die Zellkerne, sondern die messenger-Ribonukleinsäure (mRNA) oder Botenstoff-RNA stößt lediglich bis in das Zellplasma einiger Körperzellen vor. Diese Körperzellen stellen daraufhin Spike-Proteine her, die das Immunsystem als Fremdkörper erkennt und mit einer entsprechenden Immunantwort reagiert. Die Impfstoffarten unterscheiden sich außerdem in der Umhüllung. Bei den Vektorimpfstoffen handelt es sich um Adenovirushüllen, bei mRNA-Impfstoffen werden Fetthüllen eingesetzt. 

Nanotechnologie ermöglicht den Transport in die Zellen

Ohne diese schützende Lipidhülle ist die mRNA sehr instabil und würde im Körper sehr schnell zerstört werden. Daher sind die Fetthüllen der mRNA-Impfstoffe essenziell für den therapeutischen Erfolg der Impfungen. Die Lipidnanopartikel bestehen aus vier verschiedenen Lipiden, die im Herstellprozess zur sehr kleinen (Nano-)Partikeln formuliert werden. Dadurch wird die mRNA sicher und unverändert in unsere Körperzellen aufgenommen. Genau auf diesem Gebiet ist Allergopharma aus dem schleswig-holsteinischen Reinbek Experte. Eigentlich setzt das Unternehmen sein Know-How für Allergieimmuntherapien ein, nutzt es nun aber gleichzeitig auch für den Kampf gegen Corona:

„Grundsätzlich sind Allergieimmuntherapien ähnlich wie bei der Covid-Impfung auch Medikamente, durch die eine immunologische Reaktion im Körper des Patienten ausgelöst wird. Für die Herstellung von Produkten zur spezifischen Immuntherapie verfügen wir bereits über sterile Produktionsanlagen und Expertenwissen in der Herstellung von sterilen Immuntherapien. Deshalb konnten wir in nur vier Monaten die Produktion für den SARS-Cov-2-Impfstoff in Reinbek aufbauen und unterstützen seit Ende April 2021 als einer der strategischen Partner von BioNTech SE in der Formulierung* ihres Covid-19-Impstoffs“, erklärt Allergopharma-Geschäftsführer Dr. Christoph Willers. 

Allergopharma ist Teil der der Dermapharm-Gruppe und behandelt sowie erforscht seit über 50 Jahren Allergien. Das Unternehmen ist in Deutschland Marktführer für die subkutane Immuntherapie (SCIT). Für die SCIT bietet Allergopharma eine breite Palette hochdosierter, hypoallergener Präparate, sogenannte Allergoide, an. Außerdem umfasst das Portfolio eine große Auswahl an Allergenen zur Diagnostik. Das Unternehmen beschäftigt aktuell in Deutschland 324 Mitarbeiter, darunter sechs Azubis. Allergopharma bildet im kaufmännischen Bereich sowie in der IT, der Logistik und der Pharmazie aus.

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