Ines Bauer wurde im Mai von der Deutschen Industrie- und Handelskammer als beste Chemikantin Deutschlands ausgezeichnet. Ein großer Erfolg für die junge Frau, aber auch für ihren Ausbildungsbetrieb Vynova in Wilhelmshaven. Warum sie sich für eine Ausbildung als Chemikantin entschieden hat, was sie an ihrer Arbeit mag und wie Schulen und Unternehmen Mädchen für technische Berufe begeistern können, verrät sie im Interview.
Hallo Ines! Erstmal herzlichen Glückwunsch zum Bundessieg als beste Chemikantin!
Vielen Dank!
Woher kommt Deine Begeisterung für Technik?
Ich würde sagen das liegt in der Familie. Fast meine ganze Familie arbeitet in technischen Berufen und ich bin sozusagen damit aufgewachsen. Mein Großvater war damals zum Beispiel Ausbilder bei der Krupp-Ardelt GmbH. Dazu kommt, dass meine damalige weiterführende Schule Partnerschule der EWE war und wir dadurch an vielen interessanten Projekten teilgenommen haben. Außerdem haben wir einige Male von der Schule aus die Jade Hochschule und die BBS Jever besucht und tendenziell haben mich die technischen Themen dort immer am meisten interessiert.
Du hast Abitur gemacht. Warum hast Du Dich gegen ein Studium und stattdessen für eine Ausbildung entschieden?
Tatsächlich war ich hin und hergerissen zwischen einem Studium der Psychologie oder Informatik und einer handwerklichen Lehre. Die Tendenz ging dann aber eher Richtung Ausbildung. Ich wollte nach dem Abitur gerne auf eigenen Beinen stehen und mir eine sichere Zukunft aufbauen. Durch einen Bekannten, der sich für eine Ausbildung zum Chemikanten entschieden hatte, bin ich dann auf diesen Beruf aufmerksam geworden. Was er erzählt hat, klang richtig spannend und hat mein Interesse geweckt. Daraufhin habe ich mich bei Vynova beworben. Und das Gute ist: Falls ich doch noch mal studieren möchte, hätte ich bereits eine Basis, auf die ich aufbauen könnte.
Was magst Du an Deinem Job als Chemikantin besonders gern?
Ich mag die Abwechslung in den Tätigkeiten und die Schichtarbeit. Kein Tag gleicht dem anderen und die Zusammenarbeit mit den Kollegen ist schon fast familiär. Zu meinen verschiedenen Aufgaben gehört zum Beispiel, von der Messwarte aus die Prozessabläufe in den Anlagen zu überwachen. Aber ich muss auch chemische Analysen durchführen, um die Qualität der Produkte zu überprüfen. Auch schwere körperliche Arbeit gehört dazu. Wenn ich den Filter eines stillgelegten Reaktors gereinigt habe, weiß ich am Ende des Tages, was ich getan habe.
Was würdest Du anderen jungen Frauen raten, die sich für einen technischen Beruf interessieren?
Ich glaube, dass für viele Menschen Frauen und große, komplizierte Produktionsanlagen immer noch nicht so richtig zusammenpassen. Das muss ich in Gesprächen mit Freunden und Bekannten immer wieder feststellen. Aber da muss man drüberstehen. Anderen jungen Frauen, die technisch interessiert sind, würde ich sagen: Lasst euch nicht abschrecken, auch wenn es immer noch nicht selbstverständlich ist. Geht euren Interessen nach!
Was können Schulen und Unternehmen Deiner Meinung nach tun, um Mädchen für Technik-Berufe zu begeistern?
Ich finde, dass Unternehmen schon sehr viel dafür tun. Generell sollte meiner Meinung nach deutlich früher angefangen werden, Mädchen an technische Berufe heranzuführen. Und dem Thema Berufsorientierung sollte in den Schulen mehr Beachtung geschenkt werden. Der Girl‘s Day ist ein guter Anfang oder dass Schülerinnen und Schüler durch Unternehmenspartnerschaften viele unterschiedliche Berufsrichtungen kennenlernen können – wie ich während meiner Schulzeit. Dadurch können sie ihren Horizont erweitern und eventuell auch untypische Berufe kennenlernen. Auch Praktika sind sehr wichtig.
Wie geht es jetzt für Dich weiter?
Demnächst beginne ich meine Weiterbildung zur Industriemeisterin Chemie. Und danach mal schauen. Die Fortbildung zur Fachkraft für Wasserstoff interessiert mich auch. Aber eins nach dem anderen.
Das klingt nach spannenden Herausforderungen. Viel Erfolg dabei und weiterhin alles Gute für Dich!
Danke!
Ines Bauer
Beste Chemikantin Deutschlands 2022
Ines Bauer (22) setzte sich mit einer Erfolgsquote von 98,75 Prozent in ihrer Abschlussprüfung als beste Chemikantin Deutschlands durch. Dafür wurde sie am 15. Mai in Berlin von der Deutschen Industrie- und Handelskammer ausgezeichnet. Seit Abschluss ihrer Ausbildung arbeitet sie bei Vynova als Anlagenfahrerin in der PVC-Anlage.
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