Fehlzeiten von Azubis systematisch angehen

Hilfreiche Tipps für Kranken-, Rückkehr- und Fehlzeitengespräche

4,8 Prozent – das ist die durchschnittliche monatliche Krankenquote der Azubis in der norddeutschen Chemieindustrie im Jahr 2021. Das ergab unsere Krankenstanderhebung unter den ChemieNord-Mitgliedern. Diese Zahl allein sagt aber natürlich nichts über die Fehlzeiten einzelner Personen aus. Denn sind einzelne Auszubildende besonders häufig oder regelmäßig krank, können das Warnsignale sein. Doch wie handeln Führungskräfte angemessen und klar, wenn sich ein Azubi beispielsweise über einen längeren Zeitraum montags unpässlich meldet oder so viele Fehlzeiten sammelt, dass die Einhaltung der Mindestausbildungszeit in Gefahr gerät? Diesen und vielen weiteren Fragen ging unser Online-Workshop "Kranken-, Rückkehr- und Fehlzeitengespräche richtig führen" Anfang Februar auf den Grund.

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Alles eine Frage der Motivation?

Boris Wieloch von der Unternehmensberatung Team Gold, der durch den Online-Workshop führte, empfiehlt Führungskräften auch bei kurzen Fehlzeiten bereits Kranken- oder Rückkehrgespräche zu führen. Als Aufhänger für solche Gespräche könnte sich beispielsweise anbieten, den Mitarbeitenden über betriebsinterne Neuigkeiten oder veränderte Arbeitsabläufe zu informieren. Zudem vermitteln Vorgesetzte dadurch nicht nur Interesse und Wertschätzung, sondern legen auch den Grundstein für offene Gespräche.

Dieser Grundstein sei enorm wichtig, denn mindestens ein Drittel der betrieblichen Fehlzeiten sind laut Wieloch motivationsbedingt. Eine höhere Mitarbeitermotivation könnte also die Fehlzeitenquote deutlich senken.

3 Hebel der Führungskraft, um motivationsbedingte Fehzeiten zu verringern

Geben Sie Ihren Mitarbeitern das Gefühl, sie werden...

  • gebraucht: "Es war schwierig die letzten Tage ohne Sie."
  • gesehen / wahrgenommen: "Guten Morgen, alles klar?"
  • gemocht / geschätzt: "Prima Arbeit. Gut, dass wir Sie haben!"

Mit strukturieren Methoden die Mitarbeitermotivation steigern

Führungskräfte benötigen ein allgemeines Bewusstsein für die vielfältigen Gründe von Abwesenheit, um motivationsbedingte Ursachen erfolgreich bekämpfen zu können. Die Mittel dazu reichen von lockeren Gesprächen bis hin zu Sanktionen. Um in diesem Spannungsfeld ergebnisorientierte Lösungen zu erzielen, bedarf es laut Wieloch verschiedener strukturierter Gesprächsformate.
 

  • Das allgemeine Rückkehrgespräch (bei wenigen Fehltagen)
    KERNAUSSAGE: „Schön, dass Sie wieder da sind!“ („Tür- und Angelgespräch“) 
     
  • Das Krankenrückkehrgespräch (bei längerer Krankheit)
    KERNAUSSAGE: „Gut, dass Sie wieder da sind! Wie geht es Ihnen jetzt?
     
  • Das erste Fehlzeitengespräch (bei auffälligen Abwesenheiten)
    KERNAUSSAGE: „Uns ist da etwas aufgefallen.“

 

Detaillierte Leitfäden für die einzelnen Gesprächsformen finden Sie unter nachfolgendem Link: ChemieNord-Intranet

Wie komplex die Gründe für das Fernbleiben sein können und wohin die Anwendung strukturierter Gesprächsmethoden im besten Fall führt, schilderte Wieloch anhand eines Beispiels von einem seiner Kunden:

Der Ausbildungsleiter war stinkstauer. Innerhalb von sechs Wochen hatte sich ein Azubi schon das vierte Mal an einem Montag krankgemeldet. „Wer feiern kann, kann auch arbeiten“, grummelte der Ausbilder. Und nicht nur er grummelte, auch die Kollegen des Azubis. Der Ausbilder war kurz davor dem Azubi zu kündigen. Was er aber eigentlich gar nicht wollte, denn der Azubi machte sonst einen richtig guten Job. Also gab er sich einen Ruck und suchte das strukturierte, vorwurfsfreie Gespräch. Und was kam heraus? Der Azubi war erleichtert, dass er sich endlich jemandem anvertrauen konnte. Er hatte einen pflegebedürftigen Vater zuhause und immer wieder meldete sich die Pflegekraft Montagmorgens spontan krank. Für ihn gab es keinen anderen Ausweg, als sich um seinen Vater zu kümmern und sich selbst krankheitsbedingt abzumelden. Zusammen fanden Ausbilder und Azubi eine Lösung für das Problem - mit dem Ergebnis, dass der Azubi seine Stelle behielt und das Unternehmen einen engagierten und fähigen Mitarbeiter.


Krankenstandserhebung von ChemieNord

Sie möchten sich selbst ein regelmäßiges Bild über den Krankenstand innerhalb der norddeutschen Chemieindustrie machen, die Entwicklung beobachten oder sich gezielter mit Fehlzeiten von Auszubildenden befassen?

Mithilfe der Krankenstanderhebung von ChemieNord erhalten Sie ein verlässliches Benchmark, das Ihnen konkrete Einblicke in die Branchenzahlen gibt und gleichzeitig ein wichtiges Hilfsinstrument bei der eigenen Fehlzeitenfeststellung ist.

Anica Pfeiffer

Referentin für Demografie- und Gesundheitsmanagement


040 6391883-502
pfeiffer@chemienord.de

Wie können interessierte Mitgliedsunternehmen teilnehmen?

Wenn Sie sich an unserer Krankenstands-erhebung beteiligen möchten und sich bislang noch nicht angemeldet haben, richten Sie einfach eine kurze Mail an Anica Pfeiffer.

Weitere Informationen zum Ablauf und zur Teilnahme finden Sie ebenfalls unter nachfolgendem Link: ChemieNord Intranet

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