Krisengeprägt, aber hoffnungsvoll

Einblicke in die Lebenswelt der Gen Z für das eigene Ausbildungsmarketing nutzen

Was ist Jugendlichen aktuell wichtig? Über welche Probleme machen sie sich am meisten Sorgen? Wie sehen sie die chemisch-pharmazeutische Industrie? Was ist ihnen bei einem Ausbildungsplatz wichtig und wo suchen sie danach? Auf all diese spannenden Fragen haben verschiedene Studien Antworten gefunden. Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.

Bild: stock.adobe.com/Antonioguillem

Junge Menschen sind krisengeprägt

Nach der Krise ist vor der Krise – so muss es sich für die jungen Menschen anfühlen. Auf die Corona-Pandemie folgte der Krieg in der Ukraine und die Energie,- Inflations- sowie die anhaltende Wirtschaftskrise. Gleichzeitig scheint es einen Berg an unlösbaren Problemen zu geben und ein immer aggressiveres Klima im politischen und gesellschaftlichen Diskurs und vor allem auch auf Social Media. „In dieser Gemengelage traut sich die Gen Z nicht mehr, sich offen, konfrontativ und fordernd zu zeigen. Der sonst übliche Wunsch der Jugend, sich frei auszudrücken, ist deutlich gehemmt und staut sich auf. Statt ihre Ansprüche einzufordern, meidet die Gen Z Auseinandersetzungen und zieht sich zurück ins Privatleben. Eine Sehnsucht nach Normalität und Stabilität einerseits und nach radikalen Maßnahmen zur Lösung der Probleme andererseits sind deutlich erkennbar“, so fasst es die vom VCI in Auftrag gegebene Rheingold-Studie „Gen Z – Generation Überdruck“ zusammen. 

Sorgen macht den 16-24-Jährigen laut Studie vor allem die unsichere Altersversorgung, zu hohe Mieten, die Polarisierung der Gesellschaft, die Migration sowie die Bildungsmisere und marode Infrastruktur. Der Klimawandel wird weiterhin genannt, tritt aber hinter diesen Problemen zurück.
 

Die Chemie- und Pharmabranche als Lösungsindustrie 

Im Gegensatz zu ihrer allgemeinen Krisenwahrnehmung sehen junge Menschen die chemisch-pharmazeutische Industrie (CPI) in einem positiven Licht. Allerdings erst, sobald sie sich (nach Vorlage von Informationen im Rahmen der Studie) intensiver mit ihr beschäftigen.

Dann tritt das Unverständliche und Bedrohliche rund um die Chemie in den Hintergrund. Stattdessen wird die CPI mit ihren Produkten als unverzichtbarer Teil des Alltags wahrgenommen. Die Gen Z erkennt die Bedeutung der Branche als Lösungsindustrie für den Standort Deutschland und schätzt ihre Beiträge zum Klimaschutz und zur Gesundheitsversorgung. Besonders überzeugt sie, dass Chemie- und Pharmaunternehmen konkrete Lösungen für drängende Probleme und Jobs anbieten, bei denen junge Menschen sich konstruktiv einbringen können.

Weitere Studienergebnisse finden Sie hier.

Datenbasis und Methode der Studie: 64 tiefenpsychologische Einzelinterviews durch das Rheingold-Institut, ergänzt durch eine repräsentative Online-Umfrage mit 1.233 Befragten, 16-24 Jahre alt.

Für das Employer Marketing im Bereich der Nachwuchskräfte bedeutet das für Unternehmen, dass sie – wenn möglich – auf folgende Themen setzen sollten:
 

  • Größe, Bedeutung und Perspektive als Arbeitgeber herausstellen: Umsatz, sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze, Anzahl Mitarbeitende und Azubis, Betriebliche Altersvorsorge.
  • Fortschrittstechnologien sowie Forschungs- und Entwicklungsarbeit betonen und dass man als Arbeitnehmer der CPI diese Entwicklung vorantreibt.
  • Die Gemeinschaft im Unternehmen und der CPI herausstellen, sodass man sich sicher aufgehoben und getragen fühlt. 
  • Konkrete Einblicke in die Arbeitswelt geben: Welche Arbeitsplätze gibt es, wie bewirbt man sich, wie sehen Büros aus, wer arbeitet da, Entwicklungsmöglichkeiten. Von Chefs werde erwartet, dass sie fordern und fördern.

Die Shell-Jugendstudie 2024 liefert ähnliche Ergebnisse

Auch die 19. Shell Jugendstudie zeichnet ein differenziertes Bild der Jugendlichen im Alter von 12 bis 25 Jahren in Deutschland: „Ihre Sorgen und Ängste über Politik, Gesellschaft und Umwelt nehmen zu, sie sehen Probleme und Handlungsbedarf. Viele sind für populistische Positionen empfänglich. Doch von einer generellen Resignation oder Distanz zu Demokratie und Gesellschaft kann nicht gesprochen werden. Die Mehrheit der Jugendlichen sieht ihre hervorragenden Aussichten auf dem Arbeitsmarkt und betrachtet die vielfältigen Modernisierungsprozesse als Chance.“ 

Im Berufsleben dominieren Zuversicht und Streben nach Sicherheit – materieller Nutzen wird wichtiger, so die Studie. „Mehr als vier Fünftel der Jugendlichen (84 %) sind zuversichtlich, ihre beruflichen Wünsche verwirklichen zu können, zusammen mit dem Ergebnis aus 2019 ein Spitzenwert seit 2002. Trotz dieser guten Ausgangslage, die die gute Chancensituation am Arbeitsmarkt widerspiegelt, dominiert bei den Erwartungen an die Berufstätigkeit das Bedürfnis nach Sicherheit. Für 91 % der Jugendlichen ist ein sicherer Arbeitsplatz (sehr) wichtig. Ein Arbeitsplatz, für den Jugendliche nicht umziehen müssen oder der ihnen die Möglichkeit bietet, sich um andere zu kümmern, ist dagegen deutlich seltener wichtig (je 52 %). Im Vergleich zu 2019 stehen bei Jugendlichen vor allem ein hohes Einkommen (83 % zu 76 %) und gute Aufstiegsmöglichkeiten (80 % zu 74 %) höher im Kurs. Ebenso hat der Wunsch, von zu Hause aus arbeiten zu können, deutlich zugenommen (69 % zu 61 %). Männlichen Jugendlichen ist der materielle Nutzen in ihrem Beruf wichtiger als den weiblichen. Jungen Frauen sind vor allem sozialer Nutzen und eine hohe Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben wichtig. 

Mit Blick auf die Erwartung einer persönlichen Erfüllung unterscheiden sich junge Frauen und Männer nicht. Das heißt: Unabhängig vom Geschlecht streben die meisten Jugendlichen nach einem erfüllenden Berufsleben, das unter anderem in einer hohen Anerkennung durch andere gesehen wird.“ 

Weitere Informationen rund um die Shell-Jugendstudie 2024 finden Sie hier.

Und wie ticken Jugendliche bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz?

Worauf es jungen Menschen bei der Suche und der Auswahl eines Ausbildungsplatzes ankommt, hat die Studie Azubi-Recruiting Trends 2024 untersucht. 

Wann sie suchen

17 Prozent der Jugendlichen beschäftigen sich erst nach dem Schulabschluss intensiv mit dem Thema der beruflichen Orientierung. Dabei wirft Studienherausgeberin Felicia Ullrich die Fragen auf: Sind das die Unmotivierten? Hätten sie sich rechtzeitig kümmern müssen? Oder haben sich diese 17 Prozent einfach nur auf das Wesentliche fokussiert: ihren Schulabschluss. Ein Schritt nach dem nächsten und nicht alle gleichzeitig?

Viele Unternehmen haben ihr Recruiting inzwischen angepasst und stellen kurzfristiger ein. Das erschwert zwar das Planen, aber dafür ist die Gefahr geringer, dass Kandidaten abspringen. Und auch die Zielgruppe der Studienabbrecher werde kurzfristig oft besser erreicht: „Deren Interesse ist groß, nicht mehr Zeit zu vertun, sondern direkt mit etwas Neuem zu starten“, so die Studie.

Wo sie suchen

Wenn Jugendliche nach Informationen rund um einen Ausbildungsplatz oder ein duales Studium suchen, nutzen Sie mit 83 Prozent vor allem Google, gefolgt von den Homepages der Ausbildungsbetriebe (70 %) und Empfehlungen von Freunden und Familie (61 %).

Für Betriebe ist es also enorm wichtig, für hohe Sichtbarkeit auf Google bzw. der eigenen Website zu sorgen, bspw. mit regelmäßig aktualisierten, spannenden Inhalten oder auch einfach durchdachter Navigation: Jugendliche würden eher nach „Ausbildung“ statt nach „Schüler“ suchen, weshalb es Sinn mache, die Kategorien auf der Karriereseite auch so zu benennen.

Besonders im aktiven Empfehlungsmarketing schlummert laut Felicia Ullrich (ungenutztes) Potenzial. Fragt man innerhalb des Unternehmens Mitarbeitende nach Empfehlungen, fühlen sich diese gewertschätzt und vermitteln oft geeignete Kandidaten. Genauso geeignet können aber auch Empfehlungen von externen Personen sein – zum Beispiel vom Fußballtrainer des lokalen Sportvereins, den das Unternehmen unterstützt und der seine Jungs und Mädels gut kennt.

Und was ist mit Social Media?

Social Media landet im Ranking der Informationskanäle auf Platz 10. Wer hier von den Jugendlichen wahrgenommen werden möchte, muss hohe Reize, gute Bildmotive und witzige Headlines liefern. 

Übrigens verbringen 42 Prozent der Jugendlichen laut Studie täglich ein bis zwei Stunden auf Social Media und 38 Prozent drei bis vier Stunden. Die beliebtesten Kanäle sind Messengerdienste (80 %), dicht gefolgt von Instagram (78 %), YouTube (68 %) und TikTok (52 %). Inhaltlich wünschen sich die Jugendlichen vor allem Infos über den Ausbildungsalltag (78 %) und über das Berufsbild (77 %). Infos über den Betrieb und seine Produkte wünschen sich 45 Prozent und Infos über die anderen Azubis 40 Prozent.

Weitere Studienergebnisse finden Sie hier.

Datenbasis: Größte doppelperspektivische Studie zum Thema Ausbildung unter Ausbildungsverantwortlichen (1.752) und Jugendlichen (4.941).

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