Häufige Fehlzeiten bei Auszubildenden sind ärgerlich. Denn anders als bei „normalen“ Arbeitnehmern verursachen sie nicht nur Kosten, sie gefährden auch den Ausbildungserfolg.
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Zur Prüfung wird in der Regel nur zugelassen, wer weniger als zehn Prozent der Ausbildungszeit gefehlt hat. Die zuständigen Industrie- und Handelskammern prüfen jeden Einzelfall, wenn bei einer dreijährigen Ausbildungszeit mehr als 70 Fehltage zu Buche schlagen.
Was also tun, damit es so weit erst gar nicht kommt? Wichtig ist, dass der Ausbildende rechtzeitig gegensteuert und mit dem Azubi ins Gespräch kommt. Wer das Gespräch führt – ob Vorgesetzter oder Personalabteilung – ist nicht entscheidend. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Auszubildende mehrere Tage oder Wochen am Stück oder nur an einzelnen Tagen arbeitsunfähig erkrankt war. Wichtig ist, dass der Gesprächsfaden frühzeitig aufgenommen wird. Frühzeitig bedeutet in diesem Fall, bevor die magische Grenze von 70 Fehltagen erreicht wurde.
In dem Gespräch sind Drohungen und Vorwürfe fehl am Platz. Ein Hinweis auf die Zulassungsvoraussetzungen zur Prüfung (weniger als 70 Fehltage in drei Jahren) schadet allerdings nicht. Fragen nach Diagnosen dürfen aus Gründen des Datenschutzes nicht gestellt werden. Die Diagnosen sind für das weitere Vorgehen auch nicht relevant. Wichtiger ist die Ursachenforschung. Die Gesprächsführung muss deshalb offen und empathisch sein. Frei von Denkverboten sind Maßnahmen zu entwickeln, wie die Fehlzeiten reduziert und der Ausbildungserfolg sichergestellt werden kann. Welche Maßnahmen im Betracht kommen, hängt unter anderem davon ab, ob ein Muster bei den Fehltagen erkennbar ist. Fehlt der Auszubildende vor allem im Betrieb, besucht aber den Berufsschulunterricht regelmäßig oder ist es genau andersherum?
Aus Gründen des Datenschutzes dürfen Gesprächsnotizen nur in der Personalakte aufbewahrt werden. Entwickeln Azubi und Vorgesetzter/Ausbildender Maßnahmen, bei denen die Chance besteht, dass die Fehlzeiten reduziert werden können, sind diese Maßnahmen auszuprobieren. Eine gemeinsame, von Arbeitgeber und Azubi unterschriebene Erklärung über diese Maßnahmen steigert die Akzeptanz. Maßnahmen können sein: eine andere Ausbildung, ein anderer Ausbilder oder Ansprechpartner im Betrieb oder Unterstützung beim Unterricht in der Berufsschule in Form von Nachhilfe. Sind ein erstes Gespräch oder erste Maßnahmen erfolglos, wiederholt sich die Prozedur.
Ablehnen kann der Auszubildende das Gesprächsangebot während der regulären Arbeitszeit nicht. Auch wenn der Auszubildende nicht gezwungen werden kann, sich zu den Ursachen der Fehlzeiten zu äußern oder sich aktiv am Gespräch oder an der Suche nach Lösungen zu beteiligen, so muss er sich doch die Ausführungen des Vorgesetzten anhören.
Christina Reifelsberger
ist seit vergangenem Jahr Teil der ChemieNord-Rechtsabteilung. Sie berät unsere Mitgliedsunternehmen in allen Fragen des Arbeits- und des Sozialrechts mit Schwerpunkt auf Beschäftigtendatenschutz, Entgelttransparenz, krankheitsbedingte Kündigung, BEM und Schwerbehindertenarbeitsrecht. Auch die Chemie-Tarifverträge sind für sie alles andere als neu: Bevor es sie zurück in ihre alte Heimat Braunschweig und damit zu uns zog, war sie bei unserem Schwesterverband HessenChemie in Wiesbaden tätig.
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